Von den Kirchengemeinden Beilstein und Billensbach zur Kirchengemeinde Beilstein-Billensbach

Eine weiße Holzbrücke in einem Garten in Frankreich
 
Viele Hände schaffen Zusammenhalt
 

Auf die Alemannenmission des 7. Jahrhunderts ging die nicht mehr vorhandene Mutterkirche unserer Gegend, die Michaelskirche auf dem Wunnenstein, zurück. Die Kirche in Beilstein gehörte zum Bistum Würzburg und stand bis ins 16. Jahrhundert unter dem Patronat des Johanniterordens. Eine eigene Pfarrei besteht seit spätestens 1348.

Die MAGDALENENKIRCHE am Berg ist die ursprüngliche Pfarrkirche von Beilstein. In ihr finden sich die Grabmäler ihres freigebigsten Stifters, des „Gleißenden Wolfs von Wunnenstein“ (1361-1413), und seiner ersten Gattin Margarete von Enzberg († 1399). Der „Gleißende Wolf“ ist bekannt durch Ludwig Uhlands Balladen (s. auch die Biographie von Hermann Ehmer "Der Gleißende Wolf von Wunnenstein", Sigmaringen 1991). Vor der Reformation waren an der Magdalenenkirche fünf Geistliche angestellt zum Dienst an Altären von Maria, Petrus, Johannes, Leonhard, Katharina, Nikolaus, Anna, Maria Magdalena und dem Heiligen Kreuz. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wird die Kirche nicht mehr als Gemeindekirche genutzt, doch hängen auf ihrem Turm drei der fünf Glocken, die zu jedem Gottesdienst der evangelischen Gemeinde läuten. Seit dem neuen Ausbau von 1953 bis 1955 dient die Kirche als Freizeitheim der Christlichen Pfadfinderschaft (VCP).

Die spätgotische SANKT-ANNA-KIRCHE, in der heute die Gottesdienste der Gemeinde gefeiert werden, wurde wohl zwischen 1470 und 1500 erbaut. Sie war ursprünglich eine Nikolauskapelle und stand außerhalb der Stadt vor dem „Klaustor“. Ihr jetziger Name rührt von der starken Verehrung der Heiligen Anna, der Mutter Mariens, in der letzten Phase des Mittelalters her. Sie diente als Grablege derer von Helfenberg. Seit 2004 steht in ihr wieder eine Figur der Großmutter Jesu. Die Kirche wurde wohl um 1617 zur Predigtkirche ausgebaut und erlebte seither viele Erneuerungen. Die letzte fand 1988-1990 statt. Damals wurden die zwei Reihen von Gemälden zum Weg Jesu an den Emporenbrüstungen restauriert wie auch die farbigen Glasfenster von Rudolph Yelin eingebaut.

Die REFORMATION fand in Württemberg im Jahr 1534 statt. 1535 wandten sich Bürgermeister und Rat der Stadt an Herzog Ulrich, er möge den seitherigen Pfarrer Matthias Thomä durch VALENTIN VANNIUS (Wanner) ersetzen. Dieser gebürtige Beilsteiner, der seine Schulzeit bei den Zisterziensermönchen in Maulbronn verbrachte, wurde Mitarbeiter des Reformators JOHANNES GAYLING von Ilsfeld und später in Stuttgart selbst ein wichtiger Reformator und Mitarbeiter beim Aufbau der evangelischen Kirche in Württemberg unter Herzog CHRISTOPH. (s. Hermann Ehmer, Valentin Vannius und die Reformation in Württemberg, Stuttgart 1976). Vannius (geb. 1495), Verfasser mehrerer lateinischer und deutscher Bücher zum Verhältnis von katholischer Messe und evangelischem Abendmahl, starb als erster evangelischer Abt und Schulleiter des Klosters Maulbronn 1567. In den ersten Jahren der Reformation schlossen sich in Stadt und Amt Beilstein auch mehrere Personen den "Täufern" an, die den Staats- und Militärdienst ablehnten und die Erwachsenentaufe forderten. Nach kurzer Haft waren sie jedoch zum Widerruf bereit.

Nach der Reformation arbeiteten in Beilstein nur noch zwei Geistliche, der erste Pfarrer und der Diakon, der zeitweise auch Lateinschulmeister war. Das Amt des Diakons wurde 1829 endgültig mit dem des Präzeptors (Dorfschulmeisters) verbunden. Aus der Lateinschule ist das heutige Herzog-Christoph-Gymnasium hervorgegangen. Ein Sohn des Pfarrers Johann Elias Niethammer ist der Theologe, Philosoph und Pädagoge IMMANUEL NIETHAMMER, geb. in Beilstein 1786, gest. 1848. Der bekannte Freund von Schiller, Fichte, Schelling und Hegel war Professor in Jena und Würzburg. Später leitete er das evang. Schulwesen in Bayern und wurde von König Ludwig I. geadelt.

In Beilstein gab es um 1800 zwar keine Gruppe des Pietismus, bald jedoch einen Hauskreis von Menschen, die sich zur Nachbesprechung der Predigt in Privathäusern trafen (1848 bis zu 40 Personen). Von 1863 bis 1865 ist eine EVANGELISCH-METHODISTISCHE GEMEINDE in Beilstein entstanden, die heute eine eigene Kirche mit eigenem Pastor besitzt.

Mit steigenden Gemeindegliederzahlen und wachsenden Aufgaben wurde der Gemeinde im Jahr 2000 ein zweiter Pfarrer zugewiesen, allerdings nur mit halbem Dienstauftrag. Mit der zweiten Hälfte sollte er die Gemeinde in Billensbach versehen. Damit war der Grundstein für den kommenden Zusammenschluss gelegt. Zum 1. Januar 2006 gingen die Kirchengemeinden Beilstein und Billensbach zusammen. Die Kirchengemeinde Billensbach (7 Teilorte von Beilstein) gehörte ursprünglich zu Beilstein, wurde aber Ende 1962 selbständig, nachdem im Jahr 1956 eine eigene Kirche, die JOHANNESKIRCHE in Billensbach, und ein 1958 eigenes Pfarrhaus gebaut worden waren. Der Kirchenbezirksausschuss hatte im Blick auf die Pfarrstellenplanung vorgeschlagen, dass die halbe Pfarrstelle in Billensbach und die halbe Pfarrstelle in Beilstein zusammengefasst werden sollen. Bezirkssynode und Landeskirche haben dem zugestimmt. Somit wurden die beiden Kirchengemeinden Beilstein und Billensbach aufgelöst und die neue KIRCHENGEMEINDE BEILSTEIN-BILLENSBACH errichtet. Die Zahl der zu wählenden Kirchengemeinderäte wurde neu bestimmt: 11, davon mindestens 3 aus den Teilorten.
So gehen zwei ehemals eigene Gemeinden mit eigener Prägung und eigener Tradition nun einen gemeinsamen Weg in die Zukunft. Möge es ein guter Weg werden, auf dem beide Seiten voneinander lernen können und sich gegenseitig bereichern.

Seit dem 1. Dezember 2013 gehört auch der höchstgelegene Beilsteiner Teilort STOCKSBERG mit seiner Auferstehungskapelle zur Kirchengemeinde Beilstein-Billensbach. Die letzten 150 Jahre wurde Stocksberg vom Pfarramt Neulautern versorgt und gehörte damit zum Evangelischen Kirchenbezirk Weinsberg. Mit Auflösung der Pfarrstelle Neulautern entschieden die rund 50 evangelischen Stocksberger, nunmehr nicht nur kommunal, sondern auch kirchlich wieder zu Beilstein und somit zum Kirchenbezirk Marbach zu gehören.

Dr. Justus Maurer